Fusionen meistern
So gelingt eine Fusion
Versetzen wir uns doch einen Moment in die Situation der Verantwortlichen, die eine Fusion entscheiden oder entschieden haben:
Die Geschäftsführer oder Vorstände haben ein gewisses Bild vor Augen, eine Vorstellung, was sie gestalten wollen. Entweder gehen sie eine Fusion ein, weil sie mehr Marktanteile erobern wollen, weil sie etwas Besonderes gestalten wollen, oder weil eines der Unternehmen alleine nicht mehr lebensfähig ist.
Dabei haben sie selbstverständlich den Wunsch, dass dies mit so wenig wie möglich Reibung geschieht. Daher werden die persönlichen Belange jedes Geschäftsleitungsmitgliedes erst einmal zurückgestellt. Emotionale Befindlichkeiten werden nicht ausgesprochen, da zunächst die Sache zählt und die Abstimmung auf der Sachebene den Vorrang bekommt.
Meistens ist die Geschäftsleitung selbst in einem sogenannten Lenkungsausschuss und stimmt die Vorgehensweisen ab. Es ist alles zeitlich getaktet und sie haben ausschließlich den Blick darauf, dass die technische Fusion – also Zusammenführung von Prozessen, Kundendaten, Abläufen usw. – klappt, um arbeitsfähig zu bleiben.
Sie funktionieren professionell, arbeiten in diesen Phasen teilweise 10-14 Stunden täglich und haben verständlicherweise wenig Raum, sich mit darüber hinaus gehenden Störungen zu beschäftigen. Jetzt werden Sie sich fragen: was meint sie mit Störungen?
Keine Angst vor Emotionen
Na ja, Widerstände, Ängste, Gerüchte – das ist die ganz normale Begleitmusik, die aus der Belegschaft kommt. Wenn diese jedoch ignoriert werden, kann eine Fusion scheitern. Denn die emotionalen Befindlichkeiten jedes Einzelnen kommen immer innerhalb eines derartigen Vorhabens. Die Führungskräfte fragen sich, inwieweit sie als solche noch gesetzt sind und die Mitarbeiter fragen sich, ob sie generell ihren Arbeitsplatz behalten.
An dieser Stelle ist Kommunikation das Wichtigste. Denn genau zu Beginn einer Fusion wird aus den unterschiedlichen Antrieben heraus versucht, sich zu positionieren. Und nicht nur sich selbst als Führungskraft oder Mitarbeiter, sondern auch die bisherigen Prozesse und Abläufe wollen die jeweiligen Abteilungen und Bereiche am liebsten beibehalten.
Die innere Einstellung macht den Erfolg oder Misserfolg
Die Sichtweise – wir bauen ein neues Unternehmen – und deshalb benötigen wir wahrscheinlich völlig neue Herangehensweisen, ist zur Startphase meist nicht gegeben. Es wird eher darauf geschaut, was „wir“ besser können als „die Anderen“.
Es ist also die innere Haltung jedes Einzelnen und die Sichtweise auf die Dinge. Es geht auch nicht darum, das Beste von jedem Unternehmen zu übernehmen – obwohl dies zumindest ein Ansatz ist – , sondern darum, was braucht unser neues Unternehmen in der Zukunft. Und deshalb braucht es die offene Herangehensweise: Was haben wir bisher nicht erdacht, uns nicht erlaubt, nicht in Erwägung gezogen, was jetzt für einen Neuanfang förderlich wäre?
Die Berg- und Talfahrt der Gefühle
Jede Emotion zu akzeptieren ist einer der Schlüssel, um einen weiteren Schritt machen zu können. Jedoch sich davon aufhalten lassen, ist der Tod von Neuerungen. Es kann sogar so weit kommen, dass die Konflikte auf der obersten Führungsebene oder nicht thematisierte kulturelle Unterschiede aus beiden Unternehmen eine Fusion scheitern oder nicht einmal zustande kommen lassen.
Kurz gesagt: die „weichen“ Faktoren führen dazu, dass die „harten“ Ziele aus den Augen verloren und somit nicht erreicht werden. Es ist daher eine der größten Aufgaben neben den strategischen Planungen von Synergieeffekten und gut ausgearbeiteten Verträgen, eine Trennung zwischen den „weichen“ und „harten“ Faktoren aufzuheben und allem die gleiche Priorität für das gelingen zuzuschreiben.
Die Verantwortlichen integrieren
Ideal ist es, bereits vor dem Anlaufen der technischen Fusion, die Führungskräfte und Mitarbeiter zu integrieren, die in den Arbeitskreisen wichtige Rollen spielen werden.
Oftmals wird im Vorfeld zu lange darüber diskutiert, wer für die künftigen Positionen die richtigen Personen sind. Sind wir doch ehrlich an dieser Stelle: jedes Unternehmen hat Führungskräfte, mit denen er gerne in die Zukunft gehen möchte. Das sind im besten Fall meist Personen, die unternehmerisch bereits Leistung bewiesen haben und auch Mitarbeiter aktiv begleiten konnten.
Daher ist es ratsam, die Besetzung der ersten zwei bis drei Führungsebenen bereits zum Start oder spätestens zwei Monate nach der Fusion festgelegt zu haben.
Oftmals ist das dann zunächst eine sogenannte „Startaufstellung“. Diese hilft jedoch, Unsicherheiten zu vermeiden und das neue Gebilde sofort arbeitsfähig zu machen. Aus meinen Erfahrungen heraus, kann sich dieser Personenkreis nach ein bis zwei Jahren nochmals verändern, wenn erkannt wird, wo andere Synergien durch Umstellungen einzelner Abteilungen erzielt werden können.
Spätestens nach drei Monaten sollten dann alle Mitarbeiter eine Gespräch erhalten haben, so dass er weiß, wo sein Platz in der Zukunft im Unternehmen sein wird.
Planloses Vorgehen vernichtet Vertrauen
Alle Schritte sollten gut geplant werden. Das was die Unternehmensführung als eine Selbstverständlichkeit in Bezug auf Sachfragen ansieht – wie z.B. den Lenkungsausschuss zu bilden oder Projektgruppen ins Leben zu rufen – und auch in Organigrammen abbildet, sollte auch für die Softfaktoren gelten.
Wenn aus Sicht der Mitarbeiter zu viele Fragen offen bleiben, die Psyche nicht berücksichtigt wird, dann kann die Unternehmensleitung noch so sehr beteuern, den ganzen Prozess sozialverträglich abzuwickeln. Das Vertrauen in die Unternehmensleitung schwindet.
Das Kulturbarometer – oder Change-Radar
Daher sollte auf jeden Fall ein Instrument geschaffen werden, wo dieser Prozess auf der emotionalen Ebene abgebildet und auch kommuniziert wird. Aus dieser ständig wiederkehrenden Situationsbeschreibung ergeben sich dann Veranstaltungen wie:
- Handlungsempfehlungen an die Geschäftsleitung
- Schulung von Führungskräften
- Einzelcoaching
- Schnittstellenworkshops
- Großgruppenveranstaltungen und vieles mehr, was den Prozess hilfreich unterstützt.